Letzte und zugleich anspruchsvollste Wanderung in Andalusien inkl. Bänderriss?

Am letzten Tag vor unserer Weiterreise, hat Spanien uns noch einmal Kaiserwetter geschenkt. Also entschieden wir uns für eine letzte und gleichzeitig längste Gipfelwanderung. Wir waren ja beide gut trainiert und freuten uns auf den Berg.

Da wir, wie so oft, erst spät starteten, entschieden wir uns den Gipfel (1.700 m) möglichst direkt anzugehen. Das bedeutet, möglichst wenige Kilometer bei maximal möglicher Steigung. Zunächst durchquerten wir die schönsten Olivenhaine, welche ich je gesehen habe. Es war gerade Ernte und wir hätten den freundlichen Bauern gerne etwas geholfen, aber es war bereits Nachmittag und die Zeit bis zum Sonnenuntergang würde zu knapp werden. So ging es weiter durch Macchia und Geröllfelder, aber immer mit neuen wunderschönen Ausblicken in die umliegenden Täler. Ein schweisstreibender aber schöner Aufstieg. 300 Meter vor dem Gipfel gelangten wir auf ein Plato von dem wir den Gipfel bereits sehen konnten:

Hier führte unser Weg um das gesamte Plato herum, zur möglichen Aufstiegstelle zum schroffen Gipfel. Der Pfad war kaum noch zu finden und die Geröllfelder wurden durch hohe Felsformationen abgelöst, über welche wir zum Teil nur mit Mühe weiterklettern konnten. Kurz vor dem finalen Gipfelanstieg, mussten wir die schwierige Kletterstelle passieren. Hier wäre ich fast gescheitert, den ich konnte keine erreichbaren Griffe im Fels mehr finden und rechts neben uns klaffte steil der tiefe Abgrund. Wie ich hier wieder absteigen sollte hatte ich ausgeblendet. Am Ende hatten wir aber auch diese Hürde genommen.

60 Meter unterhalb des Gipfels habe ich dann regelrecht schlapp gemacht und Kay war tatsächlich alleine auf dem Gipfel.

Gutgelaunt, wir können uns bereits sehen und hören, machte sich Kay auf den kurzen und eigentlich recht einfachen Rückweg zu mir. Und da passierte, was im Gebirge nicht passieren darf. Ein plötzlicher Aufschrei, was war passiert?

Umgeknickt, im Geröll, direkt unterhalb des Gipfels… Kay war nur einen Augenblick nicht konzentriert, sein Wanderstiefel nicht fest genug geschnürt.

Zu diesem Zeitpunkt war es bereits später Nachmittag, es würde bald dämmern und auch eisig kalt werden. Es war klar, das wir egal wie den Abstieg versuchen mussten. Nachdem Kay sich etwas gefasst hatte und zumindest langsam humpelnd, unter starken Schmerzen weitergehen konnte, entschieden wir uns für einen anderen Abstiegsweg über die Nordwand. Die Höhenlinien zeigten uns an, dass wir hier zwar zuerst extremst steil absteigen mussten. Dafür aber auch recht bald ein einfacheren Weg kreuzen müssten, welcher am Ende auf einen mit Geländewagen erreichbaren Fahrweg münden sollte. Denn wir mussten damit rechnen, dass Kay bald garnicht mehr auftreten werden könnte.

Wie dumm wir waren: Nordwand! Anfang Dezember!

Normalerweise steigen wir recht schnell ab, aber in der Nordflanke waren die Felsen mit Raureif überzogen, der Boden gefroren und z. T. lag Schnee. So wäre der Weg (auch ohne Verletzung) extrem anspruchsvoll und gefährlich. Abrutschen im Steilgelände ohne rechtzeitig Halt zu finden, hätte schlimmes bedeutet. Und der eisige Weg wollte und wollte kein Ende nehmen.

Aber irgendwann wurde der Untergrund besser, als wir aus dem Schatten des Berge heraus kamen und die Sonne den Boden am Tag aufgetaut hatte. Wir kamen besser voran. Kay konnte den Schmerz auch besser aushalten. Wir konnten den Fahrweg und die umliegenden Viehweiden in der Ferne schon gut sehen.

Jetzt war es eigentlich nur noch wichtig vor Einbruch der Nacht aus dem Gelände heraus zu kommen. Wir haben selbstverständlich immer unsere Stirnlampen dabei, so dass das Laufen auf gut erkennbaren Wegen gut machbar ist. Die Kälte nahm merklich zu, aber wir kamen auch gut voran. Kay schien es besser zu gehen. Wir waren wieder guter Dinge und konnten sogar die wunderschöne abwechslungsreiche Landschaft im andalusischen Abendrot genießen.

Wir schafften es im Tal unseren Aufstiegsweg zu kreuzen und fanden uns in den schon bekannten Olivenplantagen wieder. Kay war wirklich tapfer und schnell unterwegs, in ca. 30 Minuten würden wir unser Auto erreichen.

Da, plötzlich ein unglaublicher Schmerz im Fuß, der nicht enden wollte. Kay brach regelrecht zusammen. Er blieb an Ort und Stelle liegen. Wir entschlossen uns den Stiefel zu öffnen, trotz der Gefahr, dass dies eine weitere Schwellung begünstigt und er dann nicht mehr in den Schuh steigen kann. Jetzt war es auch unvermeidlich eine sehr starke Schmerztablette zu nehmen. (Ja, auch Medikamente sollte man, neben der obligatorischen Stirnlampe immer bei sich tragen.) Im Notfall könnte ich unseren Mietwagen über die Piste bis hierher fahren. Ich würde zwar ab und an aufsetzen aber Schrammen am Auto kann man hinnehmen. Doch es war nun so bitter kalt und Kay hatte sich gleichzeitig auch wieder etwas erholt, dass er am Ende den letzten Weg bis zum Wagen schaffte. Chapeau!

Erst zuhause in unserem Apartment, trauten wir uns die Verletzung genau zu untersuchen. Und auch erst nachdem und während wir den Fuß gekühlt hatten. Zum Glück war eine Packung tiefgefrorenes Gemüse im Eisfach :-).

Der Schmerzbereich und die Schwellung, aber vor allem die offensichtliche Einblutung, lies einen Bänderriss vermuten. Der Supergau im Hinblick auf unsere Pläne für die kommenden Wochen! Ein Bänderriss beteuert eine nötige Ruhigstellung von 4 bis 6 Wochen. Wir versorgten den Fuss mit Voltaren und legten einen stabilen Tapeverband an. Parallel recherchierten wir schon nach Orthesen…

Aber wir hatten mal wieder Glück! Kay ging es am kommenden Tag schon deutlich besser und er konnte den Fuß sogar belasten. Es war innerhalb von 36 Stunden klar, dass doch kein neuer Bänderriss vorliegen konnte. Wir gehen nun beide davon aus, das die Aussenbänder bereits in der Vergangenheit gerissen waren und die aktuelle Verletzung lediglich das umliegende Gewebe betraf. Eine Instabilität wird wohl bleiben, aber diese ist in den Griff zu bekommen. Heute, kann Kay schon wieder ganz normal gehen.

Adiós a la maravillosa Andalucía. Volveremos. Vamos a Costa Rica.

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