HIRIKETIYA

Unsere vorletzte Heimat auf Sri Lanka ist der kleine Küstenort Hiriketiya geworden. In den ersten beiden Wochen im Oktober muss Kay fast täglich online arbeiten. Teilweise ganze Tage Studenten unterrichten oder mehrstündige Abstimmungen mit Partnern und Kunden meistern. So suchten wir nach einem Ort am Meer, an dem Kay ein möglichst gutes Internet mit der Option auf schnelle Entspannung bei einem kurzen Bad im Meer hat. Eigentlich sollte es ins von Anuradhapura nahegelegene Trincomalee an der Ostküste gehen.

Wegen des unsicheren Wetters, vor allem aber wegen der ungeeigneten Unterkünfte dort (nur Pauschalhotels) haben wir die eintägige Reise an die weit entfernte Südküste, nach Hiriketiya (bei Dickwella) auf uns genommen. Was soll ich sagen: Es hat sich gelohnt! Die wunderschöne Bucht ist einfach perfekt. Hier sieht alles aus wie auf einer kitschigen Fototappete, nur mit Moskitos, Ameisen und lästigen Affen. Das Meer ist wunderbar zum Baden, Schwimmen und Schnorcheln geeignet.

Unser kleines, privates Haus ist nur 100 Meter vom Strand entfernt, hat drei separate Zimmer und zwei Bäder, so dass Kay, ungestört von mir, arbeiten kann. Wir haben auch einen schönen privaten Garten und einen Roller.

Größter Wermutstropfen ist, dass die eigentlich perfekte Infrastruktur für digitale Nomaden in Hiriketiya, aufgrund der seit zwei Jahren fehlenden Gäste, komplett ausser Betrieb ist. Alles ist geschlossen: Coworkingspaces, Restaurants, Bars, Wellness – alles zu und verweist. So kann ich auch hier wiedet keine meiner Videos hochladen. Und ein Restaurant mit leckeren Getränken und gutem Essen fehlt uns nach den ersten Tagen hier bereits sehr. Die Einheimischen essen nicht auswärts und es gibt nur Imbissstände mit sehr mäßigem Kottu oder maximal Fried Rice. Daher kaufen wir nun Obst auf dem Markt und ich mixe uns täglich leckere Fruchtsäfte und brate uns Banana Pancakes zum Frühstück. Vorteil: Wir müssen die Traumstrände nur mit den Einheimischen teilen.

Am dritten Tag in diesem tropischen Paradies habe ich einen kurzen Ausflug zu einem nahegelegenen Kloster, mit dem größten Buddha auf ganz SL unternommen.

Die Anlage ist, wie gewohnt, beeindruckend. Es gibt hier aber auch gleich zwei „Kuriositäten“ über die ich Euch berichten möchte.

Zum ersten hat mich der Abt des Klosters, nach einer recht herzlichen Begrüßung zu einem abgeschlossenen Eingang einer Höhle auf dem Klostergelände geführt. Dieser Ort ist voll von wirklich gruseligen und sehr eindeutigen Höllendarstellungen, als bunte Plastiken und Wandmalereien. So wie ich das sehe kommt man wohl für alles was Spaß macht in die Hölle. Ich wusste garnicht, dass es um Buddhismus überhaupt eine Hölle gibt… Wieder so eine SL-lnterpretation des Buddhismus.

Zum zweiten hält man dort im Kloster offen zugänglich und mit Stolz zur Schau gestellt, einen Elefanten. Elefanten werden in ganz SL für die jährlichen, grossen buddhistischen Zeremonien und Prozessionen gehalten. Vielleicht kennt ihr ja die berühmten Bilder aus Kandy. Was mich sehr irritiert und auch sehr betroffen gemacht hat ist, dass der Elefant offensichlich sehr unter der Gefangenschaft leidet. So ist dieses mächtige Wildtier an Vorder- und Hinterlauf angekettet und kann keinen einigen Schritt tun. Elefanten legen in Freiheit viele Kilometer am Tag zurück und sie leben in Gruppen. Die Tierquälerei ist offenkundig! Gehört hatte ich schon viel von gruseligen Praktiken, mit denen Elefanten auch in SL gebrochen und gefügig gemacht werden, aber gerade bei gläubigen Buddhisten und besonders Mönchen hätte ich etwas mehr Empathie und Respekt zu diesen wunderbaren Urwaldriesen erwartet. Gerade der Buddhismus lehrt die Achtung vor allein Lebewesen.

Natürlich habe ich dem Abt versucht meinen Eindruck und mein Missfallen verständlich zu machen. Seine Englischkenntnisse waren leider zu schlecht. Ich befürchte aber, dass er meine Einwände und mein Entsetzen auch nicht verstanden hätte, hätte er mich besser verstanden. Es war wirklich traurig.

Und noch etwas ist auffällig hier an der Südküste der Insel: Überall am Straßenrand, in Dörfern und Siedlung, in einsamen Traumbuchten und selbst in den besten touristischen Strandlagen sind noch immer beklemmend eindrucksvolle Überreste des verherenden Tsunamis von Ende Dezember 2004 unübersehbar.

Die Besitzer der Grundstücke sind damals in den Fluten gestorben. Erben sind nicht ermittelbar, da diese oftmals den Tsunami ebenfalls nicht überlebt haben. Am Ende gehen solche Flächen an den Staat, der mit den einzelnen Liegenschaften nichts anzufangen weiß. So stehen die Ruinen als stille Mahnmale im maximalen Gegensatz zu dieser unglaublich schönen Natur und lassen und demütig zurück.

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